Geboren 07.7.1887 in Witebsk
Gestorben 28.3.1985 in St.-Paul-de-Vence
Chagall ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in der Malerei des 20. Jahrhunderts. Sein expressionistischer Stil war von befreiender
Wirkung auf die Maler in Deutschland und flüchtig auch auf die Kollegen in Russland. Außerdem erwies sich Chagalls Kunst von größter Wichtigkeit für die surrealistische Bewegung in
Paris.
André Breton schrieb einmal, dass „mit Chagall allein die Metapher ihren triumphalen Einzug in die moderne Malerei hielt.“ In der Tat
gewann nur selten zuvor das Metaphorische eine ähnliche Bedeutung im Lebenswerk eines Künstlers wie in Chagalls Bilderwelt, wenngleich es ein Irrtum wäre, anzunehmen, dass bei ihm alles symbolisch
gemeint ist.
Angesiedelt zwischen Traum und Wirklichkeit, verbindet Chagalls Kunst vielmehr Erinnerungen – an Russland, an seine Kindheit, an Bella –
mit Gegenwärtigem, das freilich oft genug den Charakter des Prophetischen gewinnt. Seine Sprache erscheint phantastisch, denn sie spiegelt das Reale als ein Märchen, dessen Gestalten sich schwerelos
im Raum bewegen.
Doch hinter den oft rätselhaften Kompositionen dieses Meisters der Fabel verbergen sich Erkenntnis und Einsicht eines Künstlers, der Höhen
und Tiefen menschlicher Existenz nicht nur gesehen und erlebt hat, sondern mit ihnen auch gewachsen ist. Doch weder das Unwirkliche und die Poesie noch die Schwermut oder der freudige Überschwang des
Lebens bleiben die einzigen Wesenselemente dieser Kunst, deren innerer Reichtum unerschöpflich zu sein scheint.
Völlig zu Recht würdigte Maurice Raynal Chagalls Oeuvre auch als „ein einzigartiges und unnachahmliches Werk, worin die ganze Resignation
und der kindliche Glaube der slawischen Seele leben, worin aber auch die Dulderkraft des jüdischen Volkes ohne Bitterkeit verklärt wird, ein Werk, neu in der erstaunlichen Technik und doch uralt in
seiner seelischen Haltung.